New Audience Symposium #3: Wenn Musik mehr sagt als Worte
Beim dritten New Audience Symposium am 18. September 2025 trafen sich 18 Teilnehmende aus acht europäischen Ländern, um über die Wirkung von Musethica-Konzerten in psychiatrischen Kliniken zu diskutieren. Zu Gast waren Miguel Martínez Roig, Leiter der Psychiatrie am Royo Villanova Hospital in Zaragoza (Spanien), und Anna Bachus, Musiktherapeutin an der DRK-Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Berlin. Moderiert wurde die Runde von Carmen Marcuello, Mitgründerin von Musethica und Leiterin von Musethica Spanien.
Miguel Martínez Roig schilderte zunächst seine anfänglichen Bedenken: Wie würden Patient*innen reagieren, die nicht freiwillig in der Klinik sind? Auch seine Kolleg*innen waren skeptisch. Doch die Erfahrung überraschte alle. Ein Patient in manischer Phase, von dem man Unruhe erwartet hatte, hörte still und konzentriert zu. Andere reagierten so bewegt, dass sie weinten. Besonders beeindruckte Miguel, dass die Musiker*innen nach dem Konzert nicht einfach wieder gingen. Sie blieben, kamen ins Gespräch und vermittelten den Patient*innen: „Ihr seid wichtig, ihr seid wertvoll. Menschen kümmern sich um euch.“ Für manche Patient*innen können solche Begegnungen zu Ankern in Krisenzeiten werden – eine Erinnerung an das Schöne, das Menschliche, an ihre eigene Würde.
Auch Anna Bachus berichtete von Herausforderungen zu Beginn der Zusammenarbeit: Welcher Raum ist geeignet? Wie geht man mit der großen Altersspanne um? Würden Kinder mit ADHS überhaupt zuhören? Doch schon nach wenigen Minuten hörten selbst die unruhigsten Kinder 45 Minuten lang aufmerksam zu – sehr zur Überraschung des gesamten Teams. Jugendliche wiederum schätzten besonders die Gespräche nach den Konzerten. Dort konnten sie frei fragen und erfuhren, dass sie ernst genommen werden. Manche fanden in den jungen Musiker*innen sogar Vorbilder, die zeigten: Für Träume lohnt es sich zu arbeiten.
Ein weiterer Diskussionspunkt war die Rolle von verbalen Erklärungen. Einigen Musethica-Tutor*innen fällt es schwer, ohne bzw. nur mit wenigen Worten aufzutreten. Doch sowohl Miguel als auch Anna betonten: „Die Musik reicht aus.“ Nicht Worte, sondern Klänge berühren – ein starkes Signal dafür, dass der Musethica-Ansatz funktioniert.
Auch wenn ein paar Fragen offenbleiben – etwa nach der langfristigen Wirkung der Konzerte oder ihrer Integration in therapeutische Prozesse – war das Fazit eindeutig: Musethica-Konzerte wirken über den Moment hinaus. Sie verändern die Atmosphäre in Kliniken, öffnen unerwartete Zugänge zur Empathie und erinnern Patient*innen wie Musiker*innen daran, dass Musik mehr als Worte bewirken und berühren kann.
Die Veranstaltungsreihe ist Teil des Projekts ‘1000+ Concerts: Innovating Higher Music Education Through Social Inclusion’.
Die nächsten Symposien finden 2026 statt. Aktuelle Informationen veröffentlichen wir auf unserer Website und in unserem Newsletter.